Udo Hellrigels „sentimental journey“ über den Bodensee

Udo Hellrigels „sentimental journey“ über den Bodensee

Eigentlich hätte man mit einem Vereinsflugzeug anreisen wollen, aber dies ging
wetterbedingt nicht. Also nahm man das Auto. Es muss eine Tortur gewesen sein.
Bad Kreuznach – Friedrichshafen und zurück. Fünf Stunden Hinfahrt, vier Stunden
Rückfahrt, 800 Kilometer insgesamt, und das an einem Tag. Hermann Fischer am
Steuer, sein Beifahrer: Udo Hellrigel. Und das alles für eine Stunde Flug über den
Bodensee?
Ja. Denn dieser Flug war etwas ganz Besonderes. Er war das Dankeschön und das
Geschenk zum 90. Geburtstag für den Mann, dem der Flugsportverein

Sobernheim, aber auch der DAeC-Landesverband Rheinland-Pfalz so viel zu

verdanken haben: ein Flug im Zeppelin von dessen Heimatstandort Friedrichshafen
aus. Ein fürstliches Geschenk für ein Vergnügen in einem gräflichen Transportmittel.
Denn auch über die Heimatstadt von Ferdinand Graf von Zeppelin, über die
Bodensee-Idylle Konstanz, führte dieser Flug in einem der Luftschiffe, dessen
Typen seit weit über 100 Jahren den Namen ihres Entwicklers tragen: Zeppeline. Es
handelt sich bei ihnen starre Luftschiffe. Ihre Hülle umschloss früher ein kunstvoll
komponiertes und gewichtsoptimiertes Aluminiumgerüst, in welchem wiederum
Gaszellen, gefüllt mit Wasserstoff, untergebracht waren.
Auch die heutigen Luftschiffe der Zeppelinwerft, welche den Zusatz „NT“ oder „Neue
Technologie“ tragen, haben noch diese Art Skelett in sich, wenngleich heute zu
einem Teil aus Carbon. Die Zeppeline NT sind quasi die Enkel der Riesenzigarren,
welche am Bodensee entwickelt wurden und über viele Jahrzehnte in ganz

Deutschland für Furore sorgten, wenn sie ihre Langstreckenflüge absolvierten.

Diese beschränkten sich nicht nur auf Europa, sondern führten auch nach Übersee.
Die spektakuläre Explosion des LZ 129 „Hindenburg“ in Lakehurst bei New York ist
legendär.
Udos Flug barg nichts von diesem Risiko. Wasserstoff hat als Traggas ausgedient.
Zeppeline NT fliegen mit Helium.
„Goodyear“ prangt als Werbeschriftzug unübersehbar auf der Hülle dieses 75 m
langen Luftschiffs. Bis vor kurzem absolvierte es noch Rundflüge über dem

Ruhrgebiet, stationiert in Essen/Mülheim. Dort ist dieser Zeppelin unter dem

Namen „Hugo“ bekannt, und dort teilte er sich eine Halle mit einem Blimp namens
„Theo“, einem Prallluftschiff also, welches ebenfalls zu Werbezwecken und zu
Passagierflügen eingesetzt wird.
Aber derzeit macht „Hugo“ eben Ferien am Bodensee und erfreut dort die durchaus
zahlungskräftige Gruppe von Passagieren, welche sich den Blick von oben auf die
DACH-Staaten gönnen. DACH – das ist die Abkürzung für Deutschland, Österreich
und die Schweiz, und diese liegen am Bodensee alle in Sicht- und in Rufweite.
Auch Udo Hellrigel konnte einige der Highlights des „Schwäbischen Meeres“ aus der
Luft genießen: Kreuzlingen, Konstanz, die Insel Mainau, Überlingen, Meersburg,

Markdorf, Immenstaad, Friedrichshafen. „Ein ausgesprochen ruhiger Flug“, sagt er

und erklärt dies als altgedienter Ingenieur nicht zuletzt mit der große Masse des
Luftschiffs. Fachsimpeln mit Pilot Fritz Günther gehörte auch dazu.
Irgendwie war diese Reise und der einstündige Flug aber auch eine „sentimental
journey“ für Udo. Denn hier am See hat er in früheren Jahrzehnten oft genug
zusammen mit seiner Familie Urlaub gemacht. Deshalb weckten die Ausblicke aus
der Gondel des Zeppelins auch Erinnerungen.
„Ein sehr schönes Geschenk“ resümiert er denn auch in seiner sachlichen Art und
dankt seinen Luftsport-Kameradinnen und -Kameraden. Ein fliegerischer Volltreffer
also, trotz der mühsamen An- und Abreise.
Joachim Mahrholdt